Wie wurde aufgezeichnet?
Je nach Voraussetzungen an den beteiligten Schulen, der Planung des Unterrichts oder abhängig von Wünschen aller Beteiligten kann die Durchführung eines Labors stark variieren. Im Folgenden werden drei mögliche Szenarien eines Labors, durchgeführt an Schulen und in den Räumen
der Universität, beispielhaft vorgestellt.
Das klassische Plenarsetting am Beispiel Englisch
Im Fokus der Englischlabore steht vor allem die Erarbeitung von Grundlagen der Fremdsprachendidaktik und Spracherwerbsforschung mittels der Gestaltung einzelner Unterrichtsstunden und unter Einbindung digitaler Medien wie Tablets oder beispielsweise Virtual-Reality-Anwendungen. Dabei entwickeln und planen die Studierenden Unterrichtsstunden und das zugehörige Material, zum Beispiel in Form von iBooks, in der fachdidaktischen Veranstaltung Englisch. Diese Materialien und Unterrichtsentwürfe werden an den Schulen und somit im realen Unterricht eingesetzt. Bisher wurden vor allem die gymnasiale Mittel- und Oberstufe, beispielsweise mit Themen wie „Bullying und Body Image“, „Kommentieren eines Fußballspiels“ auf Englisch oder „Jeans und Nachhaltigkeit“ bedient. Dabei gibt es vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten: Die Klasse kann beispielsweise in kleinere Lerngruppen aufgeteilt werden, die jeweils die gleiche Unterrichtsstunde besuchen können. Im Folgenden soll das Labor zum Thema „Bullying und Body Image“, welches auf eine Doppelstunde ausgeweitet und in einer 12. Jahrgangsstufe durchgeführt wurde, kurz vorgestellt werden.
Hauptziel der Unterrichtsstunde war es, die Schüler/innen eine Definition der Begrifflichkeiten erarbeiten zu lassen und sie zu einem Erkennen der Gefahren von Bullying anzuleiten. Hierzu wurden themenspezifische Videos zum Einstieg, ein nachfolgendes Brainstorming und ein vorher eigens angefertigtes iBook in der Erarbeitungsphase eingesetzt, mit deren Hilfe sich die Schüler/innen intensiv und kritisch mit der Thematik „Bullying und Body Image“ auseinandersetzen konnten. Aufbauend auf den Materialien erstellen die Schüler/innen in Gruppen Präventionsvideos mit einem Tablet, in denen sie die Inhalte Ihrer Gruppenarbeiten aufgreifen und kritisch reflektieren. Diese Produkte werden zum Ende der Stunde vorgestellt und gemeinsam im Plenum reflektiert. Das entstandene Videomaterial wird anschließend unter Einbezug der Materialien von Studierenden und Lehrenden gesichtet und unter Berücksichtigung verschiedener Forschungsfragen in einer zweisemestrigen Forschungswerkstatt (Veranstaltung im Master of Education) analysiert.
Einen kleinen Einblick in die Arbeit mit Tablets während eines Labors bietet ebenfalls der Kurzbeitrag „Englisch-Vokabeln via Tablet“ des SWRs, den Sie unter folgendem Link erreichen können: https://swrmediathek.de/player.htm?show=fe81aa00-bbfd-11e7-a5ff-005056a12b4c.
Stellplan Kamerapositionierung Plenumssituation
Die Großgruppenarbeit am Beispiel Geschichte
Die Labore im Fach Geschichte umfassen jeweils eine Exkursion sowie ein dazugehöriges Schüler:innenseminar und werden vorrangig für die Oberstufe angeboten. Die Orte für die Exkursion variieren je nach Thema und Ausrichtung des Labors. Bisherige Exkursionsziele waren zum Beispiel das Stadtzentrum von Mainz (Denkmäler zu Gutenberg oder der Mainzer Republik) oder das Hambacher Schloss. Im Folgenden soll das Labor zum Thema Hambacher Fest vorgestellt werden, welches zwei Tage umfasst. Die sonstigen Themen werden innerhalb eines Ganztagsseminars, bei welchem die Exkursion am gleichen Tag, zumeist morgens stattfindet, erarbeitet. Ziel der Veranstaltung ist es, die Schüler:innen im Rahmen der Exkursion und des anschließenden Schüler*innenseminars Grundlagen zum Hambacher Fest gemeinsam mit den betreuenden Studierenden erarbeiten zu lassen. Es werden Textquellen, Darstellungen, Filmmaterialien oder Podcasts unter Fragestellungen zur Erinnerungskultur, zu Geschichtsbildern und zur Geschichtspolitik bearbeitet. Die Studierenden bereiten im Semester im Rahmen der Fachdidaktikveranstaltung Geschichte didaktisch sinnvolle und anspruchsvolle Materialien und Aufgabenstellungen in Gruppen von drei bis fünf Teilnehmerinnen und Teilnehmern vor. Dieser Prozess wird intensiv durch Lehrende der Geschichtsdidaktik betreut. Während des Labors werden die Schüler:innen je nach Interessengebiet in Teams aufgeteilt und durchlaufen die durch die Studierendengruppen inhaltlich vorstrukturierte Exkursion gemeinsam mit den jeweiligen Studierenden. Im anschließenden Schüler:innenseminar arbeiten die Schüler:innen an den Fragestellungen und entwickeln entsprechende Produkte in Form von Postern, Podiumsdiskussionen oder Podcasts, die zum Ende des Labortages präsentiert und diskutiert werden. Das entstandene Videomaterial wird anschließend von Studierenden und Lehrenden gesichtet und unter verschiedenen Forschungsfragen in der fachdidaktischen Veranstaltung und in einer zweisemestrigen Forschungswerkstatt (Veranstaltung im Master of Education) analysiert.
Einblicke in das Labor Geschichte: https://www.gymno.net/news-single.php?id_termin=679
Stellplan Kamerapositionierung Großgruppentische
Kleingruppenarbeit und Experimentierstationen am Beispiel Physik
Das Konzept der Physiklabore fokussiert sich neben der Entwicklung und Erprobung kognitiv aktivierender Aufgabenformate in Form von Experimentierstationen ebenso auf die Reflexion und Analyse von Fremd- und Eigenvideomaterial. Die theoretischen Inhalte, insbesondere zu den Basisdimensionen guten Unterrichts und Unterrichtsbeobachtung, bauen auf ein in den Bildungswissenschaften angesiedeltes Bachelorseminar zum Thema „Unterricht beobachten, rekonstruieren und initiieren“ auf und werden im Rahmen der das Labor begleitenden physikdidaktischen Veranstaltung um eine fachdidaktische Perspektive erweitert. Die Studierenden erarbeiten also auf fachdidaktischer und bildungswissenschaftlicher Grundlage Experimentierumgebungen unter Einbindung digitaler Medien beispielsweise in Form von Tablets und verfügbaren Apps (GeoGebra, Viana.NET), die mit Schüler:innen aus kooperierenden Schulen aus Rheinland-Pfalz und Hessen an mehreren Schüler:innenexperimentiertagen im Semester in den Räumen der Universität bearbeitet, evaluiert und weiterentwickelt werden. Die Thematiken variieren je nach Semester und decken Bereiche der Optik, Akustik, Mechanik und Elektronik, aber auch der Quantenphysik für höhere Klassenstufen ab. Neben der Vorbereitung der Stationen nehmen die Studierenden am Labortag aktiv die Rolle einer Betreuerin oder eines Betreuers ein und führen die Schüler:innen durch den gesamten Tag. Im Folgenden soll ein Labor, welches die Themen Tonhöhenfrequenz, Dopplereffekt, Resonanz, Hubmagnet, Leitfähigkeit und Periskop abdeckt, kurz vorgestellt werden. Die Schüler:innen werden in Kleingruppen eingeteilt und durchlaufen in einem Zyklus von 20-25 Minuten, wenn möglich, jede Station. An den Stationen erwartet sie neben Materialien und Utensilien zum Versuchsaufbau ein Team aus jeweils zwei betreuenden Studierenden, die eine kurze Einführung geben und das Gesehene und Erlebte zusammen mit den Schüler:innen evaluieren. Ziel ist neben der selbstständigen Erarbeitung der Grundfunktionen beispielsweise eines Periskops die intensive Auseinandersetzung mit dem Experiment durch die Bearbeitung komplexer und herausfordernder Aufgabenstellungen im Team.
Die videobasierte Reflexion der Experimentiersituation im Nachgang des Schüler:innenexperimentiertages durch die Studierenden wird durch ein Betreuer:innenteam, bestehend aus Mitarbeiter/innen der Fachdidaktik Physik, der Bildungswissenschaften, zusammen mit Fachleiter:innen und Lehrkräften als Praxisexpert:innen angeleitet und betreut.
Stellplan Kamerapositionierung Experimetierstationen
Das Videomaterial stellt die Grundlage für die systematische Analyse und Reflexion in bildungswissenschaftlichen und fachdidaktischen Veranstaltungen dar. In zumeist kleinen Arbeitsgruppen entwickeln Studierende eigene Forschungsideen und -fragen, die verschiedene Aspekte von Unterrichtsqualität in den Blick nehmen.
Im Laufe Projektarbeit von 2016 bis 2023 haben mehr als 1000 Studierende an über 70 Lehr-Lern-Forschungslaboren der Fächer Englisch, Geschichte, Kath. Religion, Musik, Physik und Romanistik teilgenommen. Hierbei entstand ein breites Repertoire an Unterrichtsmaterialien und -mitschnitten aus sieben Fächern. Zusätzlich wurden Unterrichtsstunden in anderen Fächern und mit Lehrpersonen durchgeführt. Insgesamt wurden mehr als 200 Stunden Unterricht, überwiegend in Präsenzform, aus verschiedenen Kameraperspektiven, aber auch als Mitschnitt von digitalem Fernunterricht im Zuge der Corona-Pandemie, aufgezeichnet. In den Lehr-Lern-Forschungslaboren wurden Themen wie das Civil Rights Movement (Englisch), Vergessen, erinnert oder gefeiert? – Mainzer Republik in der Geschichtskultur (Geschichte), Religion meets Public Climate School (Kath. Religion), Transformationen auskomponieren und präsentieren (Musik), Identität (Spanisch und Französisch) behandelt und Experimente wie zum Beispiel der freie Fall, der Quantenradierer oder das Fernrohr (Physik) durchgeführt. Durch die Individualität in der Themenauswahl sowie durch die breit gefächerte Themenvielfalt und die Möglichkeit, die eigenen Erprobungen mit Unterstützung der Lehrenden zu planen und durchzuführen, werden die individuellen Voraussetzungen und Interessen sowohl der Studierenden als auch der Schüler:innen in besonderem Maße berücksichtigt. Das entstandene Material bildet den Ausgangspunkt für die Entwicklung von Moodle-LLF.